Egal ob MTV, Viva oder Bravo: Popstars und Jugend sind schon immer untrennbar verbunden. Heute verbreitet eine Plattform neue Musik wie wohl keine andere: TikTok. Die Lieblingsapp der Gen Z bringt nicht nur immer wieder Trends hervor, sondern bietet auch Musiker:innen eine neue Plattform, sich selbst zu vermarkten - und das ist nicht nur eine Revolution, wenn es um Marketing geht, sondern verändert auch die gesamte Popkultur.
Medien und Popkultur – ein unzertrennliches Duo. Doch was früher Magazine und Fernsehsendungen waren, ist heute Social Media. Dabei steht vor allem eine Plattform immer wieder im Fokus: TikTok hat nicht nur die Welt der sozialen Medien, sondern auch die Popkultur radikal verändert. Die Sounds und Lieder, mit denen User:innen ihre Videos hinterlegen, spielen eine integrale Rolle bei der Erstellung von Content und schaffen oft erst ganze Trends. Die 9:16 App ist ohne Musik nicht vorstellbar. Das zeigen auch die Zahlen: So gaben 75 % der User:innen an, neue Musik auf TikTok zu finden, 72 % der Nutzer:innen haben Songs, die sie mit TikTok assoziieren und 63 % haben bereits neue Lieder auf der Plattform entdeckt. Außerdem ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein größerer Anteil der TikTok User:innen an Musik, Streaming Plattformen oder Merchandise von Musiker:innen interessiert.
Dabei verändert die Plattform die Art und Weise, wie Nutzer:innen Musik konsumieren; das passive Hören von Liedern wird von einem aktiven Konsum abgelöst – Musik ist nicht nur etwas, das auditiv genossen wird, sondern etwas, an dem die User:innen teilnehmen. Weltweit abrufbar und einfach kopierbar finden Creator:innen durch die Kombination aus Trends, Musik und Tanz eine gemeinsame Sprache: Die Sprache der Plattform.
Mit Musik und Sounds im Fokus bietet TikTok nicht nur Unterhaltung, sondern darüber hinaus den perfekten Nährboden für die Entstehung von viralen Hits. Das geht in der Theorie ganz einfach: Künstler:innen können ohne Marketingbudget oder Plattenvertrag ihre Musik vorstellen, Videos drehen und so ihre Musik im besten Falle bekannt machen. Durch das Entwickeln eigener Tänze, kreativer Trends und/oder Videoideen lässt sich das Potential der eigenen Musik sogar noch steigern. Auf diese Weise haben Musiker:innen die Chance, bestimmte Stellen ihrer Songs hervorzuheben oder eigene kleine Musikvideos zu drehen. Wer Glück hat, schafft es, einen Hype zu generieren und die User:innen von TikTok auf die Streamingdienste zu bringen – und so bares Geld zu verdienen.
Dabei können, je nach Größe, Künstler:innen und Creator:innen zusammenarbeiten, um Songs zu bewerben und zu fördern, beispielsweise in Form von Song-Challenges oder der Beteiligung von TikTok Stars in Musikvideos. Die Verschmelzung klassischer Popkultur mit der traditionellen Musikindustrie lässt so beide Parteien profitieren und zeigt, wie marginal der Unterschied heute nur noch ist.
Dass ein solches Vorgehen funktioniert, zeigt Ayliva. Die Sängerin fing 2020 an, ihre selbstgeschriebenen Songs auf TikTok zu bewerben.
Neben dem Veröffentlichen von Videos aus ihrem Schlafzimmer, in denen sie emotionale Zeilen über ihre eigenen Erfahrungen sang, ging sie dabei auch wöchentlich live und schaffte es so nicht nur, sich durch organisches Wachstum eine treue Community aufzubauen, sondern immer wieder auch mit Sounds zu ihren Songs viral zu gehen. Genau auf diese Weise gelang der jungen Frau der Durchbruch: Ihren Song “Deine Schuld” verbreitete sie auf TikTok mit einem Intro, das eine Voicemail ihres gewalttätigen Ex Freundes enthielt und löste damit prompt einen Trend aus, in dem auch andere Frauen über ihre Erfahrungen in gewalttätigen Beziehungen sprachen. Heute ist Ayliva mit mehr als einer Millionen Follower:innen ein echter Star, hat bereits erste Konzerte gegeben, findet sich regelmäßig in den deutschen Charts und hat bereits ihr zweites Album veröffentlicht – und das alles dank der Short Video Plattform.
Doch TikTok bietet nicht nur Chancen und Möglichkeiten für aufstrebende, moderne Künstler:innen, auch alte Songs werden immer wieder populär. Die Creator:innen holen diese durch spannende Trends immer wieder aus der Vergessenheit. So wird das Zeitalter TikTok zu einer Epoche, in der User:innen immer mehr selbst aktiv auf die Musikindustrie einwirken: Sie - und nicht die großen Labels - entscheiden, was sie hören wollen.
All diese Beispiele zeigen: Die App bietet die Möglichkeit, an der traditionellen Musikindustrie vorbei direkt ans Publikum oder sogar in die Charts zu gehen. So entsteht eine Demokratisierung der Musikwelt, die Macht der Labels wird kleiner, Verträge oder Manager:innen verlieren an Bedeutung. Das Publikum entscheidet mehr denn je.
Doch nicht nur das: TikTok stellt die traditionelle Musikwelt in gleich zweierlei Weisen auf den Kopf, denn die Charts werden nicht nur immer mehr durch die Plattform bestimmt, sondern Labels und Künstler:innen müssen darüber hinaus auch darauf achten, wie ihre Songs auf der Plattformen performen - schließlich hängt ihr kommerzieller Erfolg immer mehr von dieser ab. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf werden das Schreiben und Produzieren von Songs verändert, Musikvideos werden auf neue Weise konzipiert. Künstler:innen und Regisseur:innen berücksichtigen bei ihren Produktionen die visuellen Elemente und Trends, die auf der Plattform beliebt sind, um die Interaktion und den Teilen-Faktor ihrer Musikvideos zu maximieren.
“Big on the Internet”, “Viral Dance” oder “Viral Hits”: Wer auf Spotify scrollt, stößt schnell auf Playlisten, welche die beliebtesten Songs der Plattformen sammeln. Doch nicht nur Streamingdienste lassen sich von den TikTok Trends inspirieren. So hat TikTok selbst eine Kooperation mit Billboard 100. Die beiden Unternehmen kreieren gemeinsam die Top 50 Charts, die die beliebtesten Songs der Plattform ranken, basierend auf Kreationen, Engagement und Views. Eine Symbiose von klassischer Musikwelt und Social Media und der Anfang einer neuen Popkultur, die die Grenzen zwischen den beiden Industrien vermischt – und sie langfristig vereint.
Musik, Sounds und Tänze sind die universelle Sprache von TikTok und erlauben kultur- und sprachenübergreifendes Kommunizieren.
Künstler:innen haben durch die Funktionsweise der App die Möglichkeit, ihre Musik durch eigens entwickelte Trends bekannt zu machen – und mit etwas Glück viral zu gehen.
Durch die Macht des Algorithmus entsteht eine Demokratisierung der Musikindustrie, nicht mehr Labels entscheiden, wer bekannt wird, sondern die User:innen selbst.
Die neuen Bedingungen wirken sich nicht nur auf die Promotion von Musik, sondern auch auf deren Produktion aus: Songs müssen so geschrieben werden, dass sie das Potential haben, auf der Plattform viral zu gehen.
Der Einfluss von TikTok auf die Musikindustrie geht dabei über Social Media hinaus: So orientieren sich auch Branchengrößen wie Spotify und Billboard 100 an den Songs, die auf der Plattform trenden und verschmelzen so die Grenzen zwischen Popkultur und Musikindustrie immer weiter.